Wer das fast schon unverschämte Glück hat, im Besitz einer älteren Vespa zu sein, die restauriert werden muss, dem wird hier eine Anleitung geboten.
Egal, ob der Roller irgendwo gefunden (Scheune, Garage, Keller), oder gebraucht erworben wurde: Der Zahn der Zeit hat ordentlich an dem Zweirad genagt. Jetzt gilt es, den Originalzustand möglichst wieder herzustellen. Als Erstes stellt sich die Frage: Was kostet der Spaß an Zeit und Geld?
Kosten eingegrenzt und geschätzt
Auch DIY-Schrauber müssen auf jeden Fall das Material kaufen. Die erheblichen Kosten für Arbeitslöhne sparen wir Selbermacher uns schon einmal. Trotzdem sind je nach Materialaufwand und benötigten Neuteilen 150 € bis 2500 € zu berappen (Obergrenze offen). Für einen möglichst kosteneffizienten Einkauf mit bester Beratung, lohnt es sich einen Blick in den SIP Scootershop zu werfen.
Zeitaufwand für Do-It-Yourselfer zwischen 3 und 5 Stunden, allein für das Zerlegen des Rollers (abhängig von Geschick und Kenntnissen).
Ebenso hilfreich ist folgendes Handbuch: Jetzt helfe ich mir selbst, Vespa Restaurierung
Was eine Werkstattstunde kostet, ist von zahlreichen Faktoren abhängig, regional wie überregional. Hier ist es zu empfehlen, online einige Vespa Werkstätten zu vergleichen und bestenfalls nachzufragen, ob dieser Service überhaupt angeboten wird.
Zunächst: Werkstatt, Garage – einen geeigneten Raum freiräumen, Platz schaffen
Für eine möglichst pannenfreie Arbeit braucht es eine strenge Struktur der Vorgehensweise. Einfach darauf losschrauben, ist keinesfalls zielführend!
Wir selektieren die demontierten Teile in Baugruppen/Behälter.
Unsere Empfehlung:
- Elektrik
- Gabel mit dazugehörenden Teilen
- Lenker/Teile
- Motor/Motorteile
- Rahmen
- Räder/Fahrwerk
- Anbauteile
- Mülltonne
Diese Auswahl ist nicht bindend. Es dürfen auch weniger oder mehr Behälter sein, je nach Platzangebot. Eine freie Werkbank ist immer zweckdienlich.
Alle Teile müssen akribisch aufgelistet und begutachtet werden
Warum ist das so wichtig?
Wenn im Verlauf der Arbeiten festgestellt wird, dass hier eine Schraube fehlt und dort ein neues Teil bestellt werden muss, ist jede separate Bestellung nicht nur kontraproduktiv, sondern verschlingt Zeit und Geld.
Tipp: Möglichst alle benötigten Bauteile gebündelt bestellen. Das erspart nicht nur Leerlauf, sondern Zeit, Geld und Nerven.
Die Restaurierung wird Wochen, eventuell Monate Zeit in Anspruch nehmen. Da können sich leicht die einfachsten Montagevorgänge aus dem Gedächtnis verabschieden. Deshalb raten wir dazu, Notizen/Skizzen anzufertigen. Dieser Zeitaufwand ist besser angelegt als Rätselraten bei der Montage.
Wir empfehlen den Selbermachern, die eine oder andere Tätigkeit an dafür geeignete Fachbetriebe in Auftrag zu geben. Dabei denken wir an Lackierer und Spengler, mit all den umfangreichen Vor- und Nacharbeiten. Deshalb wird davon abgeraten, diese speziellen Tätigkeiten selbst durchführen zu wollen. Der Aufwand im Verhältnis zu einem dauerhaft sichtbaren Erfolg ist ungleich hoch.
Der größte Feind beim Motorroller heißt: ROST
Logisch, dass der bestmöglich beseitigt werden muss. Geschieht das nicht rigoros, sagt er schon nach wenigen Monaten: Hallo, da bin ich wieder!
Vorsicht: Nach dem Sandstrahlen sehen die behandelten Teile meist recht gut aus. Doch wir Vespisti lassen uns nicht täuschen, weshalb wir uns in allen Falzen und Winkeln sorgfältig auf Rostsuche begeben.
Die größten Angriffsflächen für Rost sind Unterboden, Beinschild, sämtliche Hohlteile
Das Beinschild ist zudem extrem dünn, weich und biegsam. Idealerweise sollte es aus Kostengründen komplett ausgetauscht werden. Überall können Wellen und Dellen sein. Vom Vorderrad aufgewirbelte Steinchen verursachen teilweise erhebliche Schäden. Ein Paradies für Rost.
Wir raten davon ab, feinste Risse zuspachteln zu wollen. Der Rost findet im Lauf einer Fahrsaison ganz sicher seinen Weg zur Materialoberfläche. Der Aufwand im Verhältnis zum Ergebnis ist too much. Also: Weg damit an die Werkstatt oder gegen ein neues Beinschild austauschen.
Demontage
Benötigtes Werkzeug bereitlegen:
Eine 8er sowie eine 10er-Nuss,Schraubendreher Kreuz und Schlitz, Bohrmaschine für die Nieten (Trittleisten), Schreibutensilien.
- Scheinwerfer, Rücklicht, Blinker, Backen, Kotflügel, Sitzbank, Kaskade abnehmen, Beschriftung der Kabel nicht vergessen
- Motor herausnehmen wegen Stabilität des aufgebockten Rollers, Benzin- und Ölleitungen provisorisch abdichten (mit geeigneten Schrauben o. ä.)
- Lenksäule entfernen, Züge demontieren
- Bremshebel, Kupplungshebel, Seilzugführung, Gasrohr und Schaltrohr entfernen
- Tank entfernen, damit der Kabelbaum unter der Kaskade herausgezogen werden kann. Der Lenker besteht aus überraschend vielen Teilen
- Kontermutter vom Lenkkopflager lösen
- Vorderrad (zwecks Stabilisierung vorerst dran gelassen) abnehmen, Federbein und Dämpfer demontieren
- Gabel nach unten herausziehen
- Fußbremse abmontieren zwecks Entfernung der Schaltzüge
- Mittelteil abschrauben
- Nieten der Trittleisten herausbohren
So weit gekommen bedeutet: so gut wie geschafft. Je nach Aufbau der neuen Teile ist das Zusammensetzen individuell unterschiedlich.
Fazit
Wer sein Baby in fremde Hände geben will oder muss (technisches Verständnis und Zeit fehlen), kann zwar ein Ergebnis nach seinen Vorstellungen von der Fachwerkstatt fordern, muss aber dafür ordentlich Kohle hinblättern.
Allerdings bleibt der Spaß am Schrauben und Werkeln auf der Strecke. Und das ist letztlich das, was den Unterschied macht.